Halti, Reithalfter, Knotenhalfter und Co. treffen auf unseren Freund, den Unteraugennerv.
Heute möchte ich euch den nervus infraorbitalis, zu Deutsch Unteraugennerv vorstellen.
Er ist ein Fortsatz des Oberkiefernervs (N. maxillare) und tritt zusammen mit Venen und Arterien aus dem Unteraugenloch aus. Dieses Loch ist bei Hunden und Pferden gut tastbar, beim Schäferhund liegt es einen Finger breit über dem 3. Backenzahn, beim Pferd dient ein recht markanter Knochenpunkt im Gesicht als Orientierungshilfe (siehe Bild).
Der Unteraugennerv hat kleine Äste, die Rami alveolares, die alle Zähne des Oberkiefers erreichen. Außerdem versorgt er die Haut der Nasenpartie, die Schleimhäute der Nasenlöcher und die Oberlippe (Nasenbremse).
Aber genug der Anatomie, unser lieber Freund der Unteraugennerv, gibt sich täglich sehr viel Mühe unsere Gesichter und die unserer Lieblinge mit einem wichtigen Sinn auszustatten: dem Fühlen. Und hierbei fühlt er eine ganze Menge, leider auch unsere Hilfsmittel, die wir an unseren Tieren einsetzen, wie beim Hund ein Halti, dessen Riemen meisten genau auf dem Austrittsloch unseres Nervs aufliegen, genauso wie das häufig zu hoch und/oder zu eng verschnallte Reithalfter beim Pferd, oder gar das Knotenhalfter, dessen Knoten absichtlich genau auf der Austrittsstelle des Nervs liegen.
Hier lade ich euch zum Selbsttest ein: Der Unteraugennerv tritt beim Menschen unterhalb des Jochbeins, etwa ein-zwei Finger breit neben der Nase aus. Sucht diesen Punkt und drückt doch einfach mal feste drauf. Wie fühlt sich das an? Die mutigen unter euch, versuchen es vielleicht sogar mal mit einem Knoten und legen mal einen Stift an und fühlen mal selbst. Was ist für euch angenehm, was tut weh und wie lange könnt ihr diesen Druck an dieser Stelle aushalten? Und bedenkt bitte, dass eure Tiere keine süßen Pauschbäckchen wie wir Menschen haben, da ist nur eine dünne Hautschicht über dem Nerv.
Aber es geht mir hier nicht nur um „tut das weh oder nicht“, was passiert eigentlich, wenn unsere lieber Freund, der Unteraugennerv beschädigt ist?
Der Bereich um Nase, Backen und Oberlippe kann überempfindlich oder gar taub werden. Heftige Schmerzattacken können auftreten (auch ohne Halfter). Kopfschmerzen, Migräne aber auch Zahnwurzelentzündungen sind Leiden, die auch nach dem Training anhalten können. Auch Headshaking wird hiermit in Verbindung gebracht. Zur Diagnostik führt man hier eine Anästhesie des N. infraorbitalis durch, um dessen Beteiligung Ein- oder Auszuschließen.
Bitte wendet bei euren Tieren keine Hilfsmittel an, die ihr nicht selbst auch ertragen könnt, bzw. wendet sie so an, dass sie keine Schäden hinterlassen (Physische und psychische).
