· 

Wer ist hier der Boss?

Häufig hört man Aussagen wie: "du musst dich mal durchsetzen, der gehört mal durch dominiert, der sieht dich nicht als ranghöher an, zeig dem mal wer der Boss ist!" Über solche Aussagen kann man eigentlich nur lachen.. oder weinen. 

 

Was ist Dominanz? Wann ist wer dominant?

Aussagen wie: "Mein Tier ist dominant" sind einfach falsch bzw. unvollständig. Dominant kann man immer nur in einer bestimmten Situation sein, es ist keine Charaktereigenschaft. Richtig wäre also eine Aussage wie. " Mein Tier ist in dieser Situation, mit diesen Umständen, diesem Individuum über dominant". Ich mag das Wort Dominanz nicht wirklich, weil in den Köpfen der Menschen gleich eine bestimmte, meist negative Vorstellung zu Tage tritt. Ich nenne es lieber Selbstsicherheit. Das bedeutet man fühlt sich in einer Bestimmten Situation sicher und weis, wie am besten zu handeln ist. Andere erkennen diese Selbstsicherheit womöglich, sind selbst in dieser Situation unsicher und schließen sich dem Selbstsicheren an. In diesem Fall wäre unser Selbstsicheres Tier dem anderen gegenüber dominant, nicht weil es das wollte oder erzwungen hat, sondern weil der zweite ihm gerne folgen möchte. In einer anderen Situation ist es vielleicht umgekehrt.

 

Als kleines Beispiel:

Zwei Tiere gleicher Art leben in einer Gemeinschaft. Nennen wir sie Frida und Paul. Frida ist schon etwas älter und kennt die Gegend sehr genau. Die beiden haben Durst und Frida weis natürlich wo sie etwas zu trinken finden und macht sich auf den Weg. Paul kennt sich nicht so gut aus und folgt Frida, überlässt ihr also die Führung und schenkt ihr sein Vertrauen, dass sie nicht verdursten werden. Jetzt gerade ist Frida Paul gegenüber dominant, da sie mehr Wissen hat und die Gruppe ans Ziel führen kann. Unterwegs treffen sie auf einen seltsamen Untergrund. Hier hat der Mensch wohl seine Spuren hinterlassen. Frida ist unsicher ob man diesen Untergrund gefahrlos betreten kann, gibt es doch genug Gefahren auf dieser Welt. Paul kennt diesen Untergrund bereits aus früheren Zeiten und führt nun selbstsicher vor, wie man diesen gefahrlos überqueren kann. Nun folgt Frida Paul, da er mehr Erfahrung hat und die beiden sicher ans Ziel führen kann. Keiner der beiden wurde gezwungen dem anderen zu folgen, sie hätten sich auch einfach umdrehen und gehen können, doch sie folgten dem anderen aus freien Stücken weil sie ihm vertrauen.

 

Wie sieht es nun mit der Rangfolge aus?

Wie meine Dozentin zu sagen pflegte: "ohne Indianer, gibt es keinen Häuptling". Keiner wird Herdenchef oder Leitwolf weil er die anderen besonders gut vermöbeln und unterdrücken kann. Die Gruppe wählt aus, wem sie am meisten vertrauen, wer sie am besten anführen kann, wer ihnen Sicherheit gibt, bei wem sie am besten überleben können. Das bedeutet sehr viel Verantwortung für den Anführer. Er muss sich um jeden einzelnen kümmern, muss für Nahrung, Sicherheit und Wohlbefinden für jeden sorgen. Dieser Job ist sehr anstrengend, wieso sollte man darum kämpfen wollen. Als einfaches Gruppenmitglied lebt es sich viel angenehmer. Man hat nur wenige Verpflichtungen. Sicherlich genießen die Anführer auch so manche Privilegien. Nun wollen wir uns einmal anschauen welche Charaktere denn nun die Gruppen anführen. Gruppen stellen sich meistens aus Familienmitgliedern zusammen. Die Grundstruktur besteht in der Natur meistens aus Eltern und ihren Kindern. Ab und zu leben auch die Großeltern, Tanten, Onkel oder bei Pferden häufig auch zugewanderte Tiere. Logisch dass die unerfahrenen Kinder ihren Eltern folgen. Gruppen werden also von älteren, weisen und sehr sozialen Tieren angeführt, die dennoch stark genug sind die Gruppe zu verteidigen. Da jedoch kaum ein Tier in allem perfekt sein kann, wird sich dieser Posten häufig mit einem anderen geteilt, z.B. Mutter und Vater oder Hengst mit einer Altstute. Gruppenkonstellationen können bei Tieren genauso vielfältig wie bei Menschen sein, es gibt kein richtig und falsch, nur erfolgreich im Überleben oder nicht. Das Märchen von Alpha und Omega entstand aus einer Wolfsforschung die man mit der Fernsehsendung "BigBrother" gleich stellen könnte. Würdest du hieraus normales menschliches Verhalten zitieren wollen?

 

Über dieses Thema könnte ich noch seitenweise weiterschreiben, doch ich denke ich habe dir hiermit schon einen Einblick geben können. Wenn du also möchtest, dass dein Tier dir folgt, dann musst du dich als würdigen Führer erweisen. Du musst ihm Sicherheit bieten und Vertrauen schenken, es muss sich in deiner Gegenwart gut fühlen und gerne bei dir sein. Mit "durchsetzen, durchdominieren oder zeigen wer der Chef ist" wirkst du diesem nur entgegen und verschlimmerst die Situation.